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1000 Jahre

Wolfgang Lechler • 16. April 2021

Bäume üben auf uns Menschen wohl seit jeher eine Faszination aus. Beschreibungen über ihre Erhabenheit und Stärke finden sich in vielen alten Schriften wieder und so wird z. B. die Eiche bereits im Alten Testament ehrfürchtig erwähnt. Bei praktisch allen Kulturen lassen sich Hinweise finden bei denen Bäume eine Rolle spielen. Besonders große und alte Exemplare haben sogar einen eigenen Namen und manche schaffen es sogar in das Register für Naturdenkmäler aufgenommen zu werden. Siehe auch unter:


https://um.baden-wuerttemberg.de/de/umwelt-natur/naturschutz/schutzgebiete/naturdenkmale/



Diese Faszination geht natürlich an einem Naturfotografen nicht spurlos vorbei und so besuche ich die mir bekannten Orte mit besonders schönen Ausnahmeerscheinungen immer wieder auf, um diese zu bestaunen und zu fotografieren. Mit der Zeit „kennt“ man diese Zeitgenossen und ihren optischen Wandel im Einklang der Jahreszeiten und es macht mich betroffen, wenn ich einen dieser Riesen, der dort hunderte Jahre gestanden hat, umgestürzt und zersägt auf dem Boden liegen sehe.


Rotbuchen (Fagus sylvatica) können immerhin bis zu dreihundert Jahre alt werden, Eichen über 1000 Jahre. Halb Europa streitet sich darum, auf wessen Staatsgebiet die älteste Eiche Europas steht: in der Steiermark, in Bulgarien, in Dänemark oder doch in Schweden? Die Alters-Schätzungen differieren dabei um mehrere hundert Jahre.

 

Sicher ist, dass jede von ihnen mal klein angefangen hat. Bei einem Fotospaziergang zum Thema „Huflattich“ ist mir aufgefallen, dass durch das am Boden liegende Laub etwas Rotes scheint. Vorsichtig entfernte ich die Blätter und sah die Ursache: es waren keimende Eicheln. Ich schaute sie mir genauer an und war begeistert von Form und Farben und hatte nebenbei ein neues Thema gefunden. Die Vorstellung, dass vielleicht Menschen sich dieses am Beginn befindliche Leben noch in 1000 Jahren betrachten könnten, lässt mich behutsam damit umgehen.


Die Eichel ist eine Nuss, die fälschlicherweise oft als ungenießbar bezeichnet wird. Zu früheren Zeiten wurde sie vielfach als Lebensmittel genutzt, da sie äußerst nahrhaft ist, besteht sie doch aus ca. 40% aus Stärke und Zucker, bis zu 15% aus Öl und zu ca. 5% aus Proteinen. „Entbittert“ von ihren Gerbstoffen dient sie gemahlen als Mehl- oder gemälzt als Kaffeeersatz, dem sogenannten „Muckefuck“.  Der Spruch: „Auf den Eichen wachsen die besten Schinken“ soll aus dem Mittelalter stammen.


Als ich auf dem Boden lag und nach Eicheln suchte, sind mir direkt daneben weitere Emporkömmlinge aufgefallen, die im Wettstreit mit den Eichen um die Wette wachsen: junge Rotbuchen. Diese haben gegenüber den Eichen-Keimlingen einen wesentlichen Vorteil. Kaum vier cm hoch bilden sie schon zwei große Blätter aus, die sie mit Energie versorgen. So hat sie im Gegensatz zur Eiche auch im schattigen Umfeld eine gute Chance groß zu werden und macht ihr somit heftig Konkurrenz, obwohl sie zur selben botanischen Familie wie die Eiche gehört. Streit soll es ja auch in den Besten davon geben.


Auch die Früchte der Buchen, die Bucheckern, waren früher eine weit verbreiterte Nahrungsquelle für den Menschen. Mit einem 40% gien Fettgehalt sind sie ebenfalls sehr nahrhaft und lassen sich vielfältig in der Küche einsetzen. Allerdings sollte man sie nicht roh verzehren, da sie den schwach giftigen Stoff „Fagin“ (Trimethylamin) und in geringen Mengen Oxalsäure enthalten.


In diesem Frühjahr sieht man extrem viele junge Buchen- und Eichentriebe. Nach einem trockenen und heißen Jahr wie 2020, produzieren sie als Überlebensstrategie vermehrt Früchte - es folgt ein sogenanntes Mastjahr. Diese Energieleistung stellt allerdings eine erhebliche Belastung für sie dar, da ein Baum dabei ca. zwei Drittel des Jahresgewinns an assimiliertem Zucker zur Produktion ihrer Früchte einsetzt. Es wird einem dadurch klar, dass diese Strategie nicht zu oft eingesetzt werden kann.


Den Wildtieren wie Mäusen, Vögel und Wildschweinen gefällt es hingegen und für meine Fotoexkursion hatte es auch Vorteile. 


Bis bald und bleiben Sie neugierig,

Wolfgang Lechler


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