Einen Friedhof als Foto-Location zu wählen ist bestimmt nicht jedermanns Sache und auch ich halte mich dort für gewöhnlich eher selten auf. Doch vor über dreißig Jahren habe ich schon einmal bewusst einen solchen zum Fotografieren aufgesucht. Es war der Cimetière du Père-Lachaise in Paris auf dem viele bekannte Persönlichkeiten ihre letzte Ruhestätte fanden. Mich hat damals hauptsächlich ein Grab interessiert, das von Jim Morrison. Es besteht nur aus einer schlichten Steineinfassung mit einem rechteckigen Grabstein. Unscheinbar, wären da nicht die vielen Blumen und allerlei Zurückgelassenes. Die Abzüge von damals sind leider verschollen, die Bilder in meinem Kopf hingegen nicht.
Jetzt, viele Jahre später, war ich wieder mal mit der Kamera auf einem Friedhof unterwegs. Gemeinsam mit den Fotofreunden Schopfheim machte ich eine Exkursion auf den Au-Friedhof in Bad Säckingen, unmittelbar an der Schweizer Grenze. Zunächst fühlte ich mich etwas unwohl dabei, so um die Gräber von mir unbekannten zu schleichen. Dieses Gefühl legte sich aber mit der Zeit und wich durch die Konzentration auf das Vorhaben in den Hintergrund. Dass man dabei mit dem angebrachten Respekt vorgeht ist selbstverständlich.
Der Au-Friedhof hat eine lange Geschichte, denn schon 1815 fand hier die erste Beerdigung statt. Er diente bis zu seiner Schließung 1958 der Bad Säckinger Bevölkerung als letzte Ruhestätte. Der Plan der Stadtentwickler war es dann, diesen zeitgeschichtlichen Ort in Bauland in bester Lage umzuwandeln. Die Bagger standen wohl schon an der Friedhofsmauer. Doch es regte sich Wiederstand in der Bevölkerung und es wurde tatsächlich erreicht ihn zu erhalten. Der 1989 gebildeten Projektgruppe „Erhalt Au-Friedhof“, unter der Führung von Adelheid Enderle, haben wir es zu verdanken, dass wir heute den gepflegten und mittlerweile denkmalgeschützen Friedhof besuchen können.
Im vergangenen Jahr habe ich diesen Ort mehrere Male besucht. Morgens, mittags und abends. Je nach Tages- oder Jahreszeit ist etwas anderes im Licht oder im Schatten. Wobei der Zeitpunkt dazwischen meist der interessanteste ist. Die Fotografien solcher Orte strahlen oft eine düstere Stimmung aus und werden gerne in Schwarzweiß dargestellt, das passt zu unserer Prägung. Lassen wir unsere erlernte Vorstellung einmal beiseite, kann man allerdings durchaus auch andere Empfindungen haben. Aus fotografischer Sicht gibt es auf dem Au-Friedhof viele Möglichkeiten, besonders die Details haben es mir angetan.
Es lohnt sich also beim nächsten Besuch eines Friedhofes auch mal genauer hinzusehen. Ich denke das ist erlaubt und mit der angemessenen Achtung verletzt es aus meiner Sicht nicht die Pietät der anderen Besucher oder der dort Ruhenden.
Bis bald und bleiben Sie neugierig,
Wolfgang Lechler