Da haben wir es heute doch um ein Vielfaches leichter. Wollte man früher z. B. eine Doppelbelichtung erstellen, fotografierte man ein Motiv, prägte sich das Sucherbild fest ein, spulte den Film zurück, ging zum zweiten Motiv das hoffentlich in der Nähe war, versuchte sich an den Ausschnitt und die Positionierung des ersten Motivs zu erinnern, richtete das zweite danach aus und belichtete den Film an selber Stelle nochmal (zweimal belichten, addierte Helligkeit). Das hört sich nicht nur kompliziert an, das war es auch und vor allem war es ziemlich ergebnisoffen.
Heute können wir uns das Resultat direkt auf dem Display ansehen und praktisch kostenneutral so viele Versuche machen wie wir Zeit haben und noch besser, bei einigen Kameras kann man sich das erste Bild einblenden lassen (dies kann auch ein beliebiges bereits auf der Speicherkarte vorhandenes sein), während man das zweite Bild macht, um es nach seinen Vorstellungen ausrichten und belichten zu können.
Doch die Realität ist heute zumeist schon eine andere. Die größte Anzahl solcher Mehrfachbelichtungen entstehen heute nicht beim Fotografieren, sondern mit einem Bildbearbeitungsprogramm am heimischen Rechner. Dabei kann man sich aus seinem Bildarchiv (oder im Internet) potentielle Bildkandidaten aussuchen und diese nach Gusto zusammenfügen, zurechtschneiden, überlagern und anpassen.
Dabei werden wir vom Fotografen zum Grafiker. Ich finde das nicht schlimm, es kann sogar Spaß machen. Was ich dabei vermisse ist allerdings das Erlebnis, das einem das Fotografieren vor Ort verschafft. Der Brombeerdorn im Knie, wenn Sie verstehen was ich meine.
Bis bald und bleiben Sie neugierig,
Wolfgang Lechler